23. Mai 2023

Jeder Pferde(ver-)kauf ist anders

Worauf es beim Pferde(ver)kauf ankommt und was Sie beachten müssen erfahren Sie hier!


 

 

 

Das größte Glück der Erde liegt bekanntlich auf dem Rücken der Pferde. Dass die Anschaffung oder der Verkauf eines Pferdes aber in nicht wenigen Fällen auch zu einer Menge Ungemach führen kann, lässt sich nicht nur an den vielzähligen zum Pferdegewährleistungsrecht ergangenen Urteilen ablesen.

Dabei hat die letzte Reform des Kaufrechts zum 01.01.2022, die auf einer Umsetzung der europäischen Warenkaufrichtlinie beruht, im Bereich des B2C (Business-to-Consumer) Pferdehandels auf Käufer- und Verkäuferseite zu einer Verschiebung der Rechtspositionen geführt. So kann der nicht gewerbliche Pferdekäufer wesentlich leichter den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Der gewerbliche Pferdeverkäufer hat durch die Beweislastumkehr gem. § 477 BGB hingegen vermehrt Probleme in der Abwehr etwaiger unberechtigter Ansprüche.


Der neue Sachmangelbegriff gilt auch für Pferde

Im Rahmen der Reform hat der Gesetzgeber auch den Sachmangelbegriff des BGB (§ 434 BGB) angepasst. Eine Sache ist nunmehr frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven und objektiven Anforderungen der Vorschrift entspricht. Die ebenfalls noch aufgeführten Montageanforderungen sind für den Pferdekauf unerheblich. Auch wenn Tiere keine Sachen sind (§ 90 a BGB), so sind doch die für Sachen geltenden Vorschriften, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf sie anzuwenden.

Den subjektiven Anforderungen wird entsprochen, wenn die Sache die vereinbarte Beschaffenheit hat und sich für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet. Objektive Anforderungen setzen eine Eignung für die gewöhnliche Verwendung voraus und es muss eine Beschaffenheit vorliegen, die bei Sachen dieser Art üblich ist und den Äußerungen des Verkäufers entspricht. Die übliche Beschaffenheit bei einem Pferdekauf besagt nicht, dass ein nicht zu erreichendes Ideal geschuldet ist. Physiologische Abweichungen vom Ideal sind bei Tieren immer möglich. Soweit aber eine Abweichung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Krankheit führt und eine übliche Verwendung nicht mehr möglich ist, entspricht die Sache, also hier das verkaufte Pferd, nicht mehr den Anforderungen.

Vorsicht bei Haftungsbeschränkungen und Gewährleistungsausschlüssen

Im B2C-Bereich unterliegen abweichende vertragliche Vereinbarungen, u.a. auch Verkürzungen der Verjährungsfrist, nach § 476 Abs. 1, 2 BGB erheblich verschärften Anforderungen – insbesondere Formerfordernissen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn eine bekannt gewordene negative Beschaffenheit Gegenstand eines Pferdekaufvertrages sein soll. Das Rücktrittsrecht des Käufers wird dabei gerade nicht erschwert oder sogar ausgeschlossen, wenn nur ein Hinweis auf das Protokoll der tierärztlichen Ankaufsuntersuchung erfolgt. Auch insoweit sind spezielle Formerfordernisse zu beachten. Bei einem Verbrauchsgüterkauf findet § 442 BGB keine Anwendung mehr. Dies bedeutet, dass der Verkäufer sich nicht auf Kenntnis des Käufers von einem Mangel berufen kann, wenn dieser nicht gemäß den Bestimmungen des § 476 Abs. 1 BGB vorab davon in Kenntnis gesetzt wurde.

Die Verjährungsfrist liegt grundsätzlich bei zwei Jahren. Diese kann, wenn bestimmte Formerfordernisse beachtet werden, bei gebrauchten Sachen auf ein Jahr verkürzt werden. Die in diesem Zusammenhang immer wieder auftauchende Frage, wann ein Pferd als „gebraucht“ anzusehen ist, kann im Einzelfall schwierig zu beantworten sein. Abzugrenzen ist danach, ob ein Sachmängelrisiko alleine aufgrund des Alters gesteigert ist. Ist ein 6 Monate altes Fohlen gebraucht? Ist ein 3-jähriges noch nicht gerittenes Pferd gebraucht? Zwar gibt es hierzu gerichtliche Entscheidungen, letztlich entscheidet aber der Tatrichter im jeweiligen Fall.

Mängelrechte strategisch durchsetzen

Wenn das Pferd mangelhaft sein sollte, kann der Käufer gem. § 437 BGB Nacherfüllung verlangen, vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern. Auch dies unterliegt bestimmten formellen Voraussetzungen, die allerdings durch Umsetzung der Warenkaufrichtlinie für den Käufer erleichtert sind. Für einen Rücktritt ist grundsätzlich ein Nacherfüllungsverlangen und eine Fristsetzung notwendig, beides kann im Einzelfall aber auch entbehrlich sein kann, so dass eine direkte Rückabwicklung in Frage kommt. Dabei gilt es insbesondere zu klären, inwieweit eine Nachbesserung oder Ersatzlieferung als möglich, zumutbar und verhältnismäßig anzusehen ist.

Bei der Geltendmachung von Mängelrechten im B2C-Bereich ist die bereits im alten Recht vorgesehene Beweislastumkehr des § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB zu beachten. Danach streitet für einen Mangel, der sich innerhalb von sechs Monaten zeigt, die Vermutung, dass dieser bereits bei Gefahrübergang, das heißt bei Übergabe, vorhanden war. Der unternehmerisch handelnde Verkäufer hat also zu beweisen, dass das Pferd bei Übergabe mangelfrei war, der Käufer muss dagegen nur beweisen, dass sich innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe eine Abweichung zu der nach § 434 BGB geschuldeten Beschaffenheit gezeigt hat.

Fazit

Durch die Reform im Kaufrecht sind die Rechte des Verbrauchers auch beim Pferdekauf erheblich gestärkt worden. Strenge Formerfordernisse machen den Verkauf von Pferden im B2C Bereich komplizierter und haftungsanfälliger. Dem nicht gewerblichen Pferdekäufer wird ein notwendiger berechtigter Rücktritt sicherlich erleichtert. Der nicht private Pferdeverkäufer hat jedoch erhebliche Formalien und Fallstricke zu beachten, die den Pferdehandel sicherlich erschweren werden.

Unsere Expertin berät Sie gerne

Ansprechpartnerin bei Beratungsbedarf im Zusammenhang mit Pferdeverkäufen und weiteren Rechtsfragen rund um das Thema Pferd ist Rechtsanwältin Bärbel Decker. Sie ist nicht nur Expertin im Pferderecht, sondern auch Zuchtrichterin der Deutschen Reiterlichen Vereinigung und züchtet seit Jahrzehnten Deutsche Reitponys.

Bärbel Decker