16. Dezember 2019

Mandanteninformation: Kassenführung 2020

Was Sie zum Jahreswechsel erledigen sollten


Sehr geehrte Mandantin,
sehr geehrter Mandant,
schon wieder neue Pflichten, wo die meisten Unternehmer noch mit den alten kämpfen – so lässt sich das Thema Kassenführung derzeit auf den Punkt bringen. Bereits in den Vorjahren wurde eine ganze Fülle von Vorschriften für elektronische Kassensysteme erlassen und zum 01.01.2020 treten weitere Verschärfungen in Kraft: Nach dem „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“ (Kassengesetz) müssen alle elektronischen Kassen mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ausgestattet werden, die Manipulationen unterbindet. Außerdem müssen die Kassen in der Lage sein, für jeden Geschäftsvorfall einen Beleg auszudrucken, und die Nutzer müssen den Finanzämtern die Art und die Anzahl der eingesetzten Kassen melden.

Zwar beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn aufrüstbare elektronische Kassensysteme bis zum 30.09.2020 ohne zertifizierte TSE betrieben werden. Zugleich pocht sie aber auf eine „umgehende Durchführung“ der notwendigen Aufrüstungen durch die Kassennutzer und „eine unverzügliche Erfüllung“ der rechtlichen Voraussetzungen. Denn das Kassengesetz gilt ja trotzdem. Deshalb geben wir Ihnen auf den folgenden Seiten einen Überblick über die Anforderungen, die Sie ab 2020 erfüllen müssen, und begleiten Sie Schritt für Schritt durch die Vorbereitungen. Gerne stehen wir Ihnen auch für Ihre individuellen Rückfragen zur Verfügung.

Anforderungen an elektronische Kassensysteme

Seit 2017 müssen elektronische Kassen den folgenden Anforderungen der Finanzverwaltung genügen

  • Alle Geschäftsvorfälle müssen einzeln aufgezeichnet werden.
  • Die Erfassung der Geschäftsvorfälle darf nicht unterdrückt werden können.
  • Die aufgezeichneten Daten müssen jederzeit lesbar und maschinell auswertbar sein.
  • Alle Änderungen bei Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammdaten müssen aufgezeichnet werden.
  • Alle elektronisch erzeugten Belege sind unveränderbar und vollständig aufzubewahren.
  • Alle Kassenaufzeichnungen sind zehn Jahre lang zu archivieren.

Hinweis: Die aufzuzeichnenden Daten sind bei Registrierkassen in der Regel auf einer internen SD-Karte gespeichert. Diese Karte regelmäßig auszulesen und die Daten separat zu archivieren, ist jetzt schon oberste Pflicht. Unterbleibt es, werden die Daten nämlich oftmals schlicht überschrieben, sobald die Karte voll ist. Bei einer späteren Prüfung fehlen dann unter Umständen ganze Geschäftsjahre. Wenn dieser Aspekt bei Ihnen noch ungeklärt sein sollte, ist es jetzt höchste Zeit zu handeln.
Ab 2020 kommen laut Kassengesetz die folgenden Verschärfungen für Kassenbetreiber hinzu:

  • Alle elektronischen Kassensysteme müssen mit einer TSE ausgerüstet sein, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert worden ist.
  • Ihre Kasse muss in der Lage sein, für jeden einzel-nen Geschäftsvorfall einen Beleg an den Kunden auszugeben.
  • Alle im Unternehmen genutzten Kassensysteme müssen dem Finanzamt gemeldet werden.

Die Finanzverwaltung hat den Begriff der Kasse übrigens auch auf solche Systeme ausgedehnt, die (nur) der Abwicklung von Zahlungsvorgängen mit „vor Ort genutzten elektronischen Zahlungsformen“ dienen. Dazu gehören sowohl bargeldersetzende Zahlungsformen wie Geldkarten, virtuelle Konten (wie bei sogenannten Kryptowährungen verwendet) oder Bonuspunktesysteme von Drittanbietern als auch an Geldes statt angenommene Gutscheine, Guthabenkarten, Bons und dergleichen. Selbst wenn eine Kasse also lediglich „Bargeldersatz“ annimmt, gelten die Neuerungen auch für sie.

Hinweis: Eine Pflicht, ein elektronisches Kassensystem zu betreiben, gibt es auch ab 2020 nicht. Eine offene Ladenkasse – etwa eine Schublade mit Fächern oder eine Geldkassette – zu verwenden bleibt weiterhin ausdrücklich erlaubt.

Zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung

Die wichtigste – und zurzeit noch problematischste – gesetzliche Neuerung ist die Vorschrift, dass bis auf wenige Ausnahmen ab 2020 alle elektronischen Kassen über eine TSE verfügen müssen. Die TSE besteht aus drei Teilen:

  • Ein Sicherheitsmodul gewährleistet, dass sämtliche Kasseneingaben protokolliert und nicht unerkannt verändert werden können.
  • Auf einem Speichermedium werden die Einzelaufzeichnungen für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist gespeichert.
  • Eine einheitliche digitale Schnittstelle soll die Datenübertragung für Prüfungszwecke gewährleisten.

Für die TSE schreibt der Gesetzgeber kein bestimmtes System vor – wohl aber eine Zertifizierung durch das BSI. Es befinden sich zwar schon einige Hersteller (bzw. Aufsteller) in dem dafür notwendigen Zertifizierungsverfahren, erfolgreich durchlaufen hat das Verfahren bis Mitte November aber noch kein Kandidat. Den Nutzern bleibt also nichts anderes übrig, als sich direkt an die Hersteller ihrer Kassensysteme zu wenden und sich nach der (voraussichtlichen) Verfügbarkeit einer entsprechenden Sicherheitseinrichtung zu erkundigen.

Hinweis: Durch den Druck der Wirtschaftsverbände hat die Finanzverwaltung kurz vor knapp doch noch eingesehen, dass die verbleibende Zeit für die Unternehmen nicht mehr ausreicht, um sich einen Marktüberblick zu verschaffen, die Geräte einzubinden und die Mitarbeiter zu schulen.

Doch trotz der aus dieser Einsicht resultierenden Nichtbeanstandung einer fehlenden TSE bei nachrüstbaren Kassen bis zum 30.09.2020 sollten Sie die Umsetzung der Neuerungen nicht auf die lange Bank schieben. Vielmehr empfiehlt es sich, wenn Sie sich zeitnah eine schriftliche Auskunft von ihrem Kassenhersteller geben lassen, ob bzw. ab wann er Sie mit der zertifizierten TSE wird beliefern können.

Die digitale Schnittstelle der Finanzverwaltung (DSFinV-K) findet bis zur Implementierung der zertifizierten TSE, längstens für den Zeitraum der Nichtbeanstandung, ebenfalls keine Anwendung.

Das BSI hat in den technischen Richtlinien lediglich Mindestanforderungen an eine zertifizierte TSE festgelegt. Dabei wurde – soweit möglich – auf technische Vorgaben verzichtet. Auf den Markt kommen daher sowohl Software- als auch Hardwarelösungen, letztere in Form von USB-Sticks oder Micro-SD-Karten. Die meisten Hersteller setzen auf Softwarekomponenten aus der Cloud, zu denen sie eine Schnittstelle in ihre Kassensoftware programmieren.

Technisch funktioniert die TSE so, dass jeder Kassenvorgang an die Software geschickt wird – entweder via Internet in die Cloud oder auf den eingestöpselten USB-Stick – und dort einen Sicherheitsschlüssel erhält. Anschließend wird die Buchung archiviert und zurück an die Kasse gesendet. Die Verschlüsselung soll nachträgliche Veränderungen ausschließen.

To-do-Liste: 1. Bestandsaufnahme machen
Um beurteilen zu können, ob Sie Ihre Kassen im neuen Jahr – allerspätestens zum 30.09.2020 – aufrüsten oder aber austauschen müssen, ist neben der Klärung des Typs in erster Linie von Belang, wann Sie die Kassen angeschafft haben. Zu unterscheiden sind folgende Konstellationen:

Haben Sie Ihre Kasse vor dem 26.11.2010 angeschafft?

Dann gilt laut Kassengesetz: Kassen, die mit einer zertifizierten TSE nachrüstbar sind, müssen bis zum 01.01.2020 umgerüstet werden.
Kassen, die nicht nachgerüstet werden können, müssen ab 2020 entsorgt und durch ein neues Kassensystem mit BSI-Zertifizierung ersetzt werden.

Hinweis: Fragen Sie Ihren Kassenhersteller möglichst bald, ob und wann er eine zertifizierte TSE für die von Ihnen verwendeten Systeme liefern kann. Lassen Sie sich schriftlich bestätigen, ob Ihre Kasse überhaupt nachgerüstet werden kann und wann der Hersteller eine zertifizierte TSE auf den Markt bringen wird.

Haben Sie Ihre Kasse nach dem 25.11.2010 und vor dem 01.01.2020 angeschafft?

Dann gilt: Elektronische Kassensysteme, die mit einer zertifizierten TSE nachgerüstet werden können, müssen laut Kassengesetz bis zum 01.01.2020 nachgerüstet werden. Für diese Kassen greift nun aber auch die Nichtbeanstandungsregelung bis zum 30.09.2020.

Bis dato gesetzeskonforme Registrierkassen, die nach dem 25.11.2010 und vor dem 01.01.2020 angeschafft wurden und nicht mit einer TSE aufrüstbar sind, dürfen ausnahmsweise noch bis zum 31.12.2022 weiter genutzt werden. Erst dann müssen sie durch ein neues System ersetzt werden.

Hinweis: Auch hier sollten Sie sich die Nichtnachrüstbarkeit Ihres Kassensystems durch den Hersteller bestätigen lassen und dieses Dokument zu Ihrer Verfahrensdokumentation (vgl. Punkt 4) hinzufügen.

Wichtig: PC-Kassensysteme sind generell von der Übergangsregelung ausgenommen und müssen auf jeden Fall pünktlich bis zum 01.01.2020 nachgerüstet werden!

Was gilt für Kassen, die Sie nach dem 01.01.2020 kaufen können?

Ab 2020 dürfen die Hersteller laut Kassengesetz nur noch solche elektronischen Kassensysteme verkaufen, die mit einer zertifizierten TSE ausgerüstet sind.

Hinweis: Da noch kein Anbieter das Zertifizierungsverfahren durchlaufen hat, wird in Fachkreisen die Frage laut, ob ab 2020 auch solche Kassen verkauft werden dürfen, die zwar noch keine TSE beinhalten, bei Erhalt des Zertifikats aber direkt nachgerüstet werden können. Sollte diese Frage auch Sie beschäftigen, wenden Sie sich bitte persönlich an uns. Wir beobachten die Entwicklungen für Sie.

2. Kassen an- bzw. abmelden

Ab 2020 muss laut Kassengesetz sowohl die Anschaffung als auch die Außerbetriebnahme elektronischer Kassensysteme innerhalb eines Monats dem Finanzamt gemeldet werden. Alle vor 2020 angeschafften elektronischen Kassen sind demnach bis zum 31.01.2020 zu melden. Ausgenommen sind lediglich Geräte, für die die Ausnahmeregelung der verlängerten Nutzung bis Ende 2022 gilt. Die Meldung muss „nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck“ beim Finanzamt erfolgen. Und jede Kasse muss einzeln gemeldet werden. Dabei müssen Sie die folgenden Punkte mitteilen:

  • Name des Steuerpflichtigen
  • Betriebsstätte der Kasse
  • Ordnungskriterium (in der Regel die Steuernummer)
  • Art der zertifizierten TSE und Seriennummer
  • Zertifizierungs-ID (wird durch das BSI vergeben)
  • Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems
  • Anzahl der insgesamt eingesetzten elektronischen Aufzeichnungssysteme
  • Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems
  • Datum der Anschaffung
  • Datum der In- oder Außerbetriebnahme

Hinweis: Der amtliche Vordruck für die Meldung liegt allerdings noch gar nicht vor. Da es zudem bisher nicht möglich ist, den Vordruck elektronisch zu übermitteln, dürfen Sie laut Finanzverwaltung von der Mitteilung absehen, bis Ihnen die elektronische Übermittlung ermöglicht wird. Hierzu wird es eine Information im Bundessteuerblatt geben.

Vorbereitend sollten Sie trotzdem schon die nötigen Informationen zusammentragen, um sie schnell parat zu haben, denn die Meldepflicht kann kurzfristig wieder in Kraft treten. Und für eine eventuelle Kassennachschau sollten Sie diese Angaben sowieso schon verschriftlicht haben.

3. Belegausgabepflicht umsetzen

Ab 2020 gilt die Pflicht, an alle Kunden Belege auszugeben – egal ob sie diese mitnehmen oder nicht. (Hier gibt es keine Nichtbeanstandung!) Mit Zustimmung des Kunden ist auch die Bereitstellung eines elektronischen Belegs erlaubt. Ein elektronischer Beleg gilt dann als bereitgestellt, wenn dem Kunden die Entgegennahme ermöglicht wird. Die bloße Sichtbarmachung an einem Bildschirm des Unternehmers, einem Terminal oder Kassendisplay, reicht nicht aus.

Die elektronische Belegausgabe muss in einem standardisierten Datenformat wie JPG, PNG oder PDF erfolgen, da der Kunde den Beleg auf seinem Endgerät mit einer kostenfreien Standardsoftware empfangen und sichtbar machen können muss. Auf den Übertragungsweg kommt es dabei nicht an.
Ein ordnungsgemäßer Beleg muss folgende Angaben enthalten:

  • vollständiger Name und vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers
  • Datum der Belegausstellung sowie Zeitpunkt von Vorgangbeginn und -ende
  • Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Umfang und Art der sonstigen Leistung
  • Transaktionsnummer, Entgelt und darauf entfallen-der Steuerbetrag
  • Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems und des Sicherheitsmoduls
  • Betrag je Zahlungsart
  • Signaturzähler
  • Prüfwert

Ausnahmen von der Belegausgabepflicht lässt der Gesetzgeber nur in sehr bescheidenem Umfang zu: So kann bei einem Verkauf von Waren an eine Vielzahl unbekannter Personen auf Antrag und mit Zustimmung der zuständigen Behörde aus Zumutbarkeitsgründen nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Belegausgabepflicht abgesehen werden. Die Möglichkeit der Befreiung besteht unter den gleichen Voraussetzungen auch bei Dienstleistungen. Eine Befreiung kommt aber nur dann in Betracht, wenn nachweislich eine sachliche oder persönliche Härte für den Antragsteller besteht. Die mit der Belegausgabepflicht entstehenden Kosten stellen indes für sich allein keine sachliche Härte dar.

4. Verfahrensdokumentation ergänzen

Spätestens seit Inkrafttreten der Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) zu Beginn des Jahres 2015 ist klar, dass für eine ordnungsgemäße elektronische Kassenführung eine Verfahrensdokumentation unabdingbar ist. Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, detailliert zu beschreiben, wie Prozessdaten (Kassendaten), Belege und Dokumente erfasst, empfangen, digitalisiert, verarbeitet, ausgegeben und aufbewahrt werden, ohne dass die digitalen Grundaufzeichnungen verändert werden.

Der erforderliche Umfang der Dokumentation hängt davon ab, was im Einzelfall zum Verständnis des Datenverarbeitungsverfahrens, der Bücher und Aufzeichnungen sowie der aufbewahrten Unterlagen notwendig ist. Die Verfahrensdokumentation muss verständlich und für einen sachverständigen Dritten in angemessener Zeit nachprüfbar sein.

Dennoch fehlt die Verfahrensdokumentation in der Praxis häufig. Viele Unternehmer haben diese Pflicht bisher geflissentlich übersehen – wohl auch deshalb, weil sie in den Vorschriften so unkonkret behandelt wird.

Hinweis: Das ist unklug, weil das Fehlen der Verfahrensdokumentation bei einer Prüfung bereits einen gewichtigen Mangel darstellt! Sorgen Sie also vor: Eine bescheidene, ausbaufähige Verfahrensdokumentation ist besser als gar keine.

Die Verfahrensdokumentation besteht in der Regel aus

  • einer allgemeinen Beschreibung,
  • einer Anwenderdokumentation,
  • einer technischen Systemdokumentation und
  • einer Betriebsdokumentation.

Die Finanzverwaltung gibt keine Muster vor, sondern nennt nur eine Reihe von Mindestangaben. Dazu zählen eine Vorbemerkung und Hinweise zur Zielsetzung, zum Einsatzbereich und zur Branche. Außerdem muss das organisatorische Umfeld beschrieben werden: Wer ist zuständig? Sind die Mitarbeiter für den korrekten Umgang geschult? Wie läuft die Kassenführung ab? Was passiert bei Fehlbeträgen?

Herzstück der Dokumentation ist die Beschreibung der technischen Verfahren und Abläufe rund um die Kasse. Mit in die Verfahrensdokumentation gehören aber auch Bedienungs- und Programmieranleitungen sowie eine Beschreibung der verwendeten Peripheriegeräte.

Mit freundlichen Grüßen