16. Mai 2023

Bundesrat stimmt Kompromiss zu

Das Hinweisgeberschutzgesetz kommt! Was ab jetzt zu beachten ist, erfahren Sie hier!


Nachdem der Deutsche Bundestag am vergangenen Donnerstag (10.05.2023) dem am Vortag im Vermittlungsausschuss gefundenen Kompromiss (BT-Drs. 20/6700) zustimmte, folgte am vergangenen Freitag (11.05.2023) nunmehr auch die Zustimmung des Bundesrates (BR-Drs. 210/23) zum Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetz (BT-Drs. 20/3442). Im nächsten Schritt kann das Gesetz dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt und sodann im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Einen Monat nach seiner Verkündung tritt das Gesetz in Kraft. Damit setzt die Bundesrepublik mit einer über einjährigen Verzögerung endlich die sog. Whistleblowing-Richtline der Europäischen Union (EU-Richtlinie (EU) 2019/1937) um.


Schutz von Whistleblowern und Betroffenen als Gesetzeszweck

Das Hinweisgeberschutzgesetz gilt für die Meldung und Offenlegung von Verstößen, die straf- oder bußgeldbewehrt sind und dem Schutz von Leib, Leben, Gesundheit oder dem Schutz der Rechte der Beschäftigten dienen. Darüber hinaus gilt es u.a. für Verstöße gegen Bestimmungen aus den Bereichen der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung, des Strahlen- und Umweltschutz, der Lebensmittelsicherheit, des Verbraucher- und Datenschutzes sowie des Vergabe- und Steuerrechts (§ 2 HinSchG).

Wesentliches Ziel des Gesetzes ist es, Personen, die auf solche Missstände aufmerksam machen, vor Benachteiligungen, insbesondere einer Kündigung, zu schützen. Seine schützende Wirkung entfaltet das Hinweisgeberschutzgesetz jedoch nur, wenn die Hinweise sich auf Informationen beziehen, die die Hinweisgeberin oder der Hinweisgeber im beruflichen Kontext, beispielweise am Arbeitsplatz, erlangt hat (§ 3 Abs. 3 HinSchG).

Das Hinweisgeberschutzgesetz schützt aber nicht nur die Hinweisgeberin und den Hinweisgeber, sondern auch solche Personen, die Bestandteil einer Meldung oder von ihr betroffen sind, wie z.B. Beschuldigte und potenzielle Zeugen (§ 34 HinSchG). Ebenso erhalten die Rechte und Geheimhaltungsinteressen der Unternehmen einen besonderen Schutz.

Whistleblower sollte gesetzliche Anforderungen im Blick behalten

Beachtet die Hinweisgeberin oder der Hinweisgeber bei der Offenlegungen von Verstößen die Vorgaben, die sich aus dem Hinweisgeberschutzgesetz ergeben – insbesondere den Grundsatz, dass die Hinweisgeberin und der Hinweisgeber sich zunächst um eine interne Bearbeitung der Angelegenheit bemühen müssen – , so ist sie/er vor arbeitsrechtlichen Sanktionen, wie Kündigungen geschützt (§§ 33ff. HinSchG). Zu Gunsten der hinweisenden Person wird dabei vermutet, dass eine Benachteiligung eine Repressalie für den Hinweis darstellt, wenn die Benachteiligung im zeitlichen Zusammenhang mit dem Hinweis erfolgt. Der Kompromiss zwingt die Hinweisgeberin oder den Hinweisgeber aber dazu, sich im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich darauf zu berufen, dass die Benachteiligung Folge des Hinweises ist (§ 36 HinSchG).

Legt die Hinweisgeberin oder der Hinweisgeber indes vorsätzlich oder fahrlässig unrichtige Informationen offen, so muss er auch unter Geltung des Hinweisgeberschutzgesetzes mit erheblichen Folgen rechnen und insbesondere wirtschaftliche Schäden des Unternehmens ersetzen (§ 38 HinSchG).

Unternehmen zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtet

Insbesondere Unternehmen mit in der Regel mehr als 50 Beschäftigten werden mit dem Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet, kurzfristig - aufgrund einer Übergangsfrist konkret bis zum 17.12.2023 - eine interne Meldestelle (§§ 12ff. HinSchG) zu schaffen, die als Alternative zu einer externen Meldestelle (§§ 19ff. HinSchG) Meldungen von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern entgegennimmt, den Eingang der Meldung innerhalb von 7 Tagen bestätigt, die Meldungen auf Stichhaltigkeit prüft und innerhalb von 3 Monaten sodann den Hinweisgeber oder die Hinweisgeberin über die ergriffenen Folgemaßnahmen, wie z. B. die Weiterleitung der Meldung an die Staatsanwaltschaft, informiert.

Für Unternehmen mit in der Regel mehr als 250 Beschäftigten gilt die Pflicht zur Schaffung einer internen Meldestelle jedoch bereits mit Inkrafttreten des Gesetzes.

Sah der zunächst am 10.02.2023 im Bundesrat gescheiterte Entwurf (BR-Drs. 20/23) noch vor, dass die Meldekanäle so zu gestalten sind, dass sie auch die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen, so ist diese Verpflichtung im Zuge der Kompromissfindung entfallen. Die Befürchtungen, die Möglichkeit anonymer Meldungen fördere das Denunziantentum, überwog beim Gesetzgeber letztendlich.

Da die interne Meldestelle mit fachkundigen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern besetzt sein müssen (§ 15 HinSchG), empfiehlt es sich, frühzeitig eigene Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen mit Schulungen auf ihre zukünftigen Aufgaben vorzubereiten oder die interne Meldestelle durch externe Anbieter, bei welchen die entsprechende Expertise bereits vorhanden ist, betreiben zu lassen.

Im Zuge der Schaffung einer internen Meldestelle müssen die Unternehmen zudem nicht nur Arbeitnehmergremien wie den Betriebsrat beteiligen, sondern auch datenschutzrechtliche Aspekte beachten. So wird in der Regel z. B. eine Datenschutzfolgeabschätzung (Art. 35 DS-GVO) erforderlich sein. Soll die interne Meldestelle durch einen externen Anbieter betrieben werden, wird in der Regel auch der Abschluss eines Auftragsverarbeitungsvertrag (Art. 28 DS-GVO) notwendig werden.

Das Hinweisgeberschutzgesetz führt damit einerseits gerade bei mittelständischen Unternehmen zu höheren Verwaltungskosten und zusätzlichem Bürokratieaufwand. Anderseits stärkt das Hinweisgeberschutzgesetz die Möglichkeit, potenzielle Missstände frühzeitig aufzudecken und damit die Strukturen des Unternehmens zu stärken.

Der Kompromiss mildert zwar nunmehr auch die Folgen einer Verletzung der Vorschriften des Hinweisgeberschutzgesetzes ab. So verringert sich die maximale Bußgeldhöhe von 100.000,00 auf 50.000,00 EUR (§ 40 Abs. 6 HinSchG). Zudem wird den Unternehmen eine 6-monatige Schonfrist gewährt (§ 42 HinSchG).

Gleichwohl kann in Anbetracht der Androhung nicht unerheblicher Bußgelder im Falle von Verstößen gegen das Hinweisgeberschutzgesetz – z. B. in Höhe von 10.000,00 EUR für den Fall, dass die interne Meldestelle nicht fristgerecht errichtet wird (§ 40 Abs. 2 Nr. 2 HinSchG) – im Ergebnis nur angeraten werden, sich spätestens jetzt auf Leitungsebene mit dem Hinweisgeberschutzgesetz zu befassen und dessen Vorgaben im Unternehmen schnellstmöglich umzusetzen.

Hierbei beraten wir Sie selbstverständlich gerne!

Christian Ache

Achim Schneider

Bernd Böhm