15. November 2023

BGH stärkt verjährungshemmende Wirkung des selbständigen Beweisverfahrens

Änderungen der der Verjährungszeitpunkte von Baumängeln im selbständigen Beweisverfahren? Näheres erfahren Sie hier:


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Verjährungshemmende Wirkung selbständiger Beweisverfahren

Das sogenannte selbständige Beweisverfahren nach den §§ 485 ff ZPO stellt die zentrale rechtliche Grundlage für eine Beweissicherung vor einem Bauprozess dar. Da ein Bauprozess nicht selten mehrere Jahre dauern kann, bietet das selbständige Beweisverfahren eine Möglichkeit, um die Mängel umfassend und gerichtsfest zu dokumentieren und einen Bauprozess vorzubereiten.

Die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens führt nach einer neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofes dazu, dass die Verjährung aller in dem Verfahren gerügten Baumängel bis zum Abschluss des Verfahrens gehemmt ist (BGH, Urteil vom 22.06.2023 – VII ZR 881/21).


Entscheidend für die Beurteilung der sachlichen Erledigung ist dabei grundsätzlich das Ende der gesamten Beweisaufnahme. Das gilt unabhängig davon, ob in einem selbständigen Beweisverfahren die Sicherung des Beweises hinsichtlich nur eines Mangels oder mehrerer – auch voneinander unabhängiger – Mängel stattfindet und auch ohne Rücksicht darauf, ob diese durch einen oder mehrere Sachverständige erfolgt.

Mit der Entscheidung rückt der BGH von seiner Rechtsprechung aus dem Jahre 1992 ab. Damals entscheid der Senat, dass die Beweissicherung und damit die Unterbrechung der Verjährung bei mehreren, voneinander unabhängigen Mängeln desselben Bauvorhabens mit dem Abschluss der Beweissicherung hinsichtlich eines jeden dieser Mängel ende, auch wenn die verschiedenen Mängel und Sachverständigengutachten Gegenstand nur eines, formal zusammengefassten Verfahrens geworden sind (BGH, Urteil vom 3.12.1992 – VII ZR 86/92). Dies führte in der Baurechtspraxis meist zu einem erheblichen Mehraufwand, da für jeden einzelnen Mangel geprüft werden musste, ob dieser noch von einer Verjährungshemmung umfasst war oder nicht, oder ob hier weitere verjährungshemmende Maßnahmen ergriffen werden mussten.

Der BGH begründet seine Entscheidung u. a. mit dem Wortlaut des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB, nach dem die Hemmung nach § 204 Abs. 1 sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens endet. Hiernach müsse das Verfahren insgesamt sachlich erledigt sein. Eine teilweise Beendigung des Verfahrens im Hinblick auf einzelne von mehreren Beweisgegenständen zu begutachtenden Mängeln reiche nach dem Wortlaut nicht aus.

Zum anderen sprechen nach Auffassung des BGH auch prozessökonomische Erwägungen für dieses Ergebnis. Denn es sei für den klagenden Besteller bislang unnötig umständlich und zeitaufwendig gewesen, dass er gezwungen war, Ansprüche aus einzelnen im selbständigen Beweisverfahren abschließend begutachteten Mängeln klageweise geltend zu machen, nur um ein Ende der Verjährungshemmung zu verhindern, während sich andere Mängel noch in der Begutachtungsphase befanden, zumal damit die Notwendigkeit verbunden war, sukzessive weitere Mängelansprüche nach Abschluss der Begutachtung durch Klageerweiterung in den Rechtstreit einzuführen.

Für die Baurechtspraxis bedeutet die Entscheidung eine erhebliche Vereinfachung und Verfahrenserleichterung. So können nunmehr sämtliche Mängelrechte in einem Verfahren geltend gemacht und das Ende der gesamten Beweisaufnahme abgewartet und werden.

Da Baumängel bzw. deren Beseitigung für den Bauherren nicht selten hohe Kosten und einen erheblichen Aufwand bedeuten, sollten frühzeitig die erforderlichen und notwendigen Schritte eingeleitet werden, um Ihre Rechte zu wahren und unnötige Kosten zu vermeiden.

Haben Sie Mängel an einer Bauleistung entdeckt, oder planen Sie die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens?

Unsere Experten im Bau- und Immobilienrecht beraten Sie gerne. Sprechen Sie uns an.

Jannik Lutz

Jannik Lutz

 

Bernd Böhm

Bernd Böhm