15. Februar 2023

BGH stärkt gemeindliches Wiederkaufsrecht bei Verkauf von Bauland mit Bauverpflichtung

In Zeiten gestiegener Zinsen und Baukosten gewinnt diese kürzlich ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs noch einmal besondere Relevanz: Danach kann eine Gemeinde ein vereinbartes Wiederkaufsrecht bis zu 30 Jahre lang ausüben, wenn der private Grundstückskäufer seiner vertraglich übernommenen Bauverpflichtung nicht nachgekommen ist (Urteil vom 16. Dezember 2022 – V ZR 144/21).


 

 

Grundstückskauf als städtebaulicher Vertrag

Dem entschiedenen Fall lag eine typische Vertragsgestaltung zu Grunde: Ein privater Käufer hatte in den 1990er Jahren von einer bayrischen Marktgemeinde ein Baugrundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes erworben. Die Gemeinde hatte sich vertraglich ein Wiederkaufsrecht für den Fall vorbehalten, dass der Käufer das Grundstück innerhalb von acht Jahren nicht mit einem plangemäßen Wohnhaus bebaut oder das unbebaute Grundstück ohne ihre Zustimmung weiterveräußert. Eine Frist, bis wann das Wiederkaufsrecht ausgeübt werden muss, hatten die Parteien nicht vereinbart.


Die rechtliche Besonderheit folgt daraus, dass dem Käufer auf der Verkäuferseite keine Privatperson, sondern der Staat gegenübersteht. Die getroffenen Vereinbarungen zum Wiederkaufsrecht sind daher als städtebaulicher Vertrag zu qualifizieren. Für diesen erklärt der Bundesgerichtshof nunmehr ausdrücklich die zivilrechtliche Vorschrift des § 462 BGB für anwendbar, nach der ein Wiederkaufsrecht, sofern keine anderweitige Vereinbarung getroffen ist, vom Verkäufer bis zum Ablauf von 30 Jahren ausgeübt werden kann. Dem steht nach Auffassung des Gerichts auch die Angemessenheitskontrolle für städtebauliche Verträge nach § 11 Absatz 2 des Baugesetzbuches nicht entgegen.

Wiederkaufsrecht erfordert keine Kompensation

Nach dem Angemessenheitsgebot dürfen die nach einem städtebaulichen Vertrag beiderseits zu erbringenden Leistungen nicht außer Verhältnis zueinander stehen und die übernommenen Pflichten nicht eine unzumutbare Belastung für den privaten Vertragspartner darstellen Die Vereinbarung einer Bauverpflichtung diene aber einem anerkennenswerten städtebaulichen Zweck, indem sie die Erreichung der Ziele der Bauleitplanung fördere und Spekulationsgeschäfte verhindere. Sie stelle keine schwerwiegende Belastung für den Käufer dar, da dieser ohnehin üblicherweise das Grundstück zu bebauen beabsichtige und dabei an die Festsetzungen des Bebauungsplans gebunden sei. Daher sei die Gemeinde auch nicht gehalten, für einen Ausgleich der Bauverpflichtung und des Wiederkaufsrechts durch einen Kaufpreis unterhalb des Verkehrswertes zu sorgen.

Gemeinde muss weder Frist zur Ausübung noch Härteklausel vereinbaren

Der Bundesgerichtshof stellt ausdrücklich klar, dass die Gemeinde auch nicht gehalten ist, eine (kürzere) Ausübungsfrist für das Wiederkaufsrecht ausdrücklich im Vertrag festzuhalten. Denn die gesetzliche Frist von 30 Jahren, die mangels Vereinbarung zur Anwendung kommt, stelle sich nicht einseitig als Vorteil für die Gemeinde und als Nachteil für den Käufer dar. Sie gebe etwa der Gemeinde die Möglichkeit, einem unverschuldet in wirtschaftliche Not geratenen Käufer die Frist für die Erfüllung der Bebauungsverpflichtung zu verlängern. Kürzere Ausübungspflichten könnten die Gemeinden dagegen dazu zwingen, ihr Wiederkaufsrecht zügig auszuüben, um es nicht zu verlieren oder von vornherein eine kürzere Frist für die Bebauungsverpflichtung zu vereinbaren.

Eine ausdrückliche Härtefallklausel müsse der Vertrag aber ebenfalls nicht enthalten, denn die Gemeinde sei bei der Ausübung ihrer vertraglichen Rechte ohnehin an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden. Die Entscheidung, das Recht auszuüben, stelle sich danach als Ermessensentscheidung dar, bei der die Gemeinde zu prüfen habe, ob der Wiederkauf zur Sicherung des mit ihm verfolgten Zwecks geboten sei oder eine vermeidbare Härte darstelle. Ein bloßer (langer) Zeitablauf seit dem Verstreichen der Bebauungsfrist reiche nicht bereits für die Annahme eines Härtefalles aus. Anderes könnte aber gelten, wenn der Käufer nach Ablauf der Bebauungsfrist tatsächlich gebaut hat.

Abgrenzung zum „Einheimischenmodell“

Der Bundesgerichtshof grenzt die einfache Bauverpflichtung mit Wiederkaufsrecht von seiner Rechtsprechung zu dem sogenannten „Einheimischenmodell“ ab, bei dem die zulässige zeitliche Bindung des Käufers von der gewährten Verbilligung des Baulands abhängig ist. Über das Einheimischenmodell soll ortsansässigen Personen der Erwerb von Bauland in Gemeinden ermöglicht werden, die eine starke Nachfrage durch auswärtige Interessenten und dadurch bedingt auch ein hohes Preisniveau verzeichnen. Als Ausgleich dafür, dass die Einheimischen Grundstücke hier zu meist deutlich unter dem Verkehrswert liegenden Preisen erwerben können, muss sichergestellt sein, dass die bevorzugten Käufer die auf dem Bauland zu errichtenden Eigenheime für einen bestimmten Zeitraum selbst nutzen und nicht auf Kosten der Allgemeinheit Gewinne erzielen, indem sie das verbilligte Bauland alsbald zum Verkehrswert weiterveräußern oder den Grundbesitz an Dritte vermieten. Anders als bei einer einfachen Bauverpflichtung mit Wiederkaufsrecht wird durch die Bindung des Käufers die rechtliche Voraussetzung dafür geschaffen, Bauland unter Verkehrswert zu vergeben.

Fazit: Gemeindliches Wiederkaufsrecht als Gestaltungsmittel mit Potential

Der Bundesgerichtshof stärkt das gemeindliche Wiederkaufsrecht bei Bauverpflichtung in seiner Funktion als städtebauliches Instrument deutlich. Für Städte und Gemeinden handelt es sich um ein wirksames Gestaltungsmittel um den mit der Bauleitplanung verfolgten Zielen zur Geltung zu verhelfen und missliebige Spekulationsgeschäfte mit Bauland zu vermeiden. Dabei kann eine lange Ausübungsfrist auch für den Käufer von Vorteil sein, wenn die Gemeinde ihren dadurch entstehenden Handlungsspielraum zu seinen Gunsten nutzt.

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  Mario Peter   

   Dr. Jan F. Hellwig

     Jannik Lutz

  Bernd Böhm