22. Februar 2024

Mängelrüge per WhatsApp bei VOB/B Vertrag nicht ausreichend

Mängelrügen per WhatsApp sollten in Zukunft unterlassen und zumindest auf E-Mail umgestiegen werden.


Hintergrund der Entscheidung (verkürzt):

Die Parteien hatten einen Vertrag über die Dacheindeckung eines Bürogebäude-Neubaus unter Einbeziehung der VOB/B geschlossen. Nachdem es zu Feuchtigkeitsproblemen im Bereich des Daches kam bat der Geschäftsführer der Klägerin den Beklagten per WhatsApp darum, dass er sich das Dach noch einmal anschauen solle, weil dieses immer noch lecken würde, was der Beklagte per WhatsApp noch am selben Tag zusagte.

Neben Fragen hinsichtlich der Verjährung und Verjährungshemmung ging es im Kern der Entscheidung um die Frage, ob bei Vereinbarung der VOB/B in einem Bauvertrag der „Quasi-Neubeginn“ der Verjährung nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B auch durch eine Mängelrüge per WhatsApp ausgelöst wird, da nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/ der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel erst in 2 Jahren, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an […], verjährt.


Nein sagt das OLG Frankfurt am Main!

Nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B verjährt der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel in zwei Jahren ab Zugang des schriftlichen Mängelbeseitigungsverlangens, jedoch nicht vor Ablauf der Regelfrist nach § 13 Abs. 4 VOB/B oder der an ihrer Stelle vereinbarten Frist.

Das bedeutet, dass mit dem Zugang eines des schriftlichen Mängelbeseitigungsverlangens eine gesonderte zweijährige Frist zu laufen beginnt („Quasi-Neubeginn“), die für die Verjährung der Mängelansprüche nur dann relevant wird, wenn diese nach der Regelfrist bzw. der vertraglich vereinbarten Frist abläuft.

Bei einer WhatsApp-Nachricht fehlt es nach Auffassung des OLG-Frankfurts an der erforderlichen Schriftlichkeit im Sinne von § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B.

Die nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 1 VOB/B gebotene Schriftlichkeit wird zwar durch eine E-Mail gewahrt, denn gemäß § 127 Abs. 2 S. 1 BGB wird die - wie durch die Einbeziehung der VOB/B vereinbarte - gewillkürte Schriftform durch die telekommunikative Übermittlung gewahrt (vgl. OLG Köln Urt. v. 22.6.2016 - 16 U 145/15, BeckRS 2016, 114445 Rn. 47, beck-online).

§ 126 BGB gilt deshalb für das Schriftformerfordernis der VOB/B nicht; es handelt sich bei der VOB/B nicht um eine durch Gesetz vorgeschriebene Schriftform (BeckOK VOB/B/Koenen, 52. Ed. 31.7.2023, VOB/B § 13 Abs. 5 Rn. 31). Die Erklärung mittels einer WhatsApp-Nachricht erfüllt die Schriftform gleichwohl nicht.

§ 127 Abs. 2 BGB erlaubt zwar die Übermittlung einer Erklärung, die durch Rechtsgeschäft in schriftlicher Form erfolgen muss, auch über Telekommunikationsmittel. Gemeint ist jedoch eine Erklärung, die in gleicher Weise wie ein Schriftstück verfasst ist und in einer der Übergabe des Schriftstücks ersetzenden Art an den Erklärungsempfänger übermittelt wird. Aus der Erklärung muss sich unzweideutig ergeben, von wem die Erklärung abgegeben worden ist. Zudem muss der Erklärungsempfänger in der Lage sein, dieses Schriftstück auszudrucken und dauerhaft abzuspeichern bzw. zu archivieren (Grüneberg/Ellenberger, BGB, 82. Aufl. 2023, § 127, Rn. 2).

Diesen Anforderungen entspricht die Übermittlung per WhatsApp nach Auffassung des OLG Frankfurt nicht.

 

Dies wird im Kern mit vier Argumenten begründet:

 

  1. Eine WhatsApp-Nachricht kann nicht ausgedruckt oder archiviert werden

E fehle insbesondere an einer hinreichend sicheren (gegebenenfalls auch nur elektronischen) Möglichkeit der dauerhaften Archivierung und des Ausdrucks. Denn derartige Nachrichten werden typischerweise nur über Smartphones versendet, ohne dass eine dauerhafte Aufbewahrung gesichert wäre.

 

  1. WhatsApp wird nur privat genutzt

Hinzu komme der Umstand, dass selbst der bloße Namenszusatz nicht ohne weiteres hinreichend sichere Gewähr bietet, welche Person die darin enthaltene Erklärung rechtlich verantwortet, wenn es sich um eine über den Austausch rein private Nachrichten hinausgehende rechtsgeschäftliche oder in sonstiger Weise bindende Erklärung handeln soll.

 

  1. WhatsApp Nachrichten können gelöscht werden

Zudem fehle es auch deshalb an einer Möglichkeit der dauerhaften Archivierung, da derartige Nachrichten vom Absender auch beim Empfänger gelöscht werden können.

 

  1. Der Absender der Nachricht ist nicht erkennbar

Schließlich ist aus einer bloßen WhatsApp-Nachricht - anders als bei einer Email - der Absender der Erklärung nicht ohne weiteres erkennbar, weil die Kennung/ Registrierung allein mit einer Telefonnummer erfolgt, die auf keine bestimmten Absender verweist.

 

Ferner sei zu berücksichtigen, dass ein Formerfordernis auch die Bedeutung hat, die erklärende Person zu warnen und vor übereilter Abgabe der Erklärung zu schützen. Ein Messengerdienst wird aber weit überwiegend nur zum raschen Austausch rein privater Nachrichten benutzt und gerade nicht zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen. Denn bei Letzteren steht nämlich nicht die Emotionalität privater Nachrichten im Vordergrund, sondern das überlegte Handeln mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen. Ein Messengerdienst und dessen Benutzung ist folglich ungeeignet, um eine solche Funktion des Formerfordernisses zu wahren, weil insbesondere die typische Art und Weise der Benutzung dem entgegensteht.

 

Da es während des Bauablaufs oft zu schnellen Entscheidungen kommen muss, ist ein besonderes Augenmerk auf die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Mängelrüge und insbesondere auf den ordnungsgemäßen Versendungsweg zu legen. Mängelrügen per WhatsApp sollten in Zukunft unterlassen werden und zumindest auf E-Mail umgestiegen werden.

Unsere Experten im Bau- und Immobilienrecht unterstützen Sie gerne bei der Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen wegen Mängeln. Sprechen Sie uns an.

Jannik Lutz

Bernd Böhm